Bis einer transsexuelle Person medizinische Maßnahmen (z.B. Hormonersatztherapie, Bartepilation, genitalanpassende Operation etc.) zugestanden werden, muss diese eine langwierige und teilweise sehr entwürdigende Prozedur über sich ergehen lassen und mit den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) viele zermürbende „Kämpfe“ ausfechten.
Entgegen international anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass Transsexualität keine psychische Erkrankung darstellt (siehe: Bundeszentrale für politische Bildung, 08.08.2018), bestehen deutsche Krankenkassen und der MDK weiterhin auf eine mind. 18 Monate dauernde „psychologische Begleittherapie“, bevor operative Maßnahmen genehmigt werden. Für das medizinische „Verfahren“ werden i.d.R. die sog. Richtlinien „Grundlagen der Begutachtung und Begutachtungsanleitung Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualität“ (letzte Überarbeitung aus dem Mai 2009) herangezogen. Diese Richtlinien definieren folgende Vorgehensweise bzw. Voraussetzungen bevor medizinische Maßnahmen eingeleitet werden:
Die Wartezeiten für einen Therapieplatz betragen oft mehrere Monate oder gar Jahre. Viele der „Therapeut*innen“ (welche diese angeordnete Psychotherapie durchführen) verlangen von ihren Patientinnen und Patienten noch immer einen sog. „Alltagstest“, auch Alltagserprobung genannt. Dies bedeutet, dass eine betroffene Person zunächst 12 Monate im Alltag die „gewünschte Geschlechterrolle leben“ muss. Dieser „Alltagstest“ wird von vielen betroffenen Menschen als entwürdigend, demütigend und sehr belastend empfunden. Verständlicherweise, denn man wird z. B. als transsexuelle Frau mit einem „männlichen Körper“ (also mit Bart und Körperbehaarung) dazu gezwungen, weibliche Kleidung zu tragen. Dabei legen viele der Therapeut*innen Wert auf die Erfüllung sämtlicher Stereotype bzgl. Frauen. So wird von transsexuellen Frauen oft verlangt, sich besonders weiblich zu kleiden und zu schminken.
Es ist verständlich, dass viele Menschen dann den Eindruck haben, dass transsexuelle Frauen doch „nur durchgeknallte Kerle in Weiberklamotten“ sind. Oft sind die Folgen: Verlust des Arbeitsplatzes, Ausgrenzung, Diskriminierung und auch körperliche Gewalt (FRA, 2015). Es liegt im Ermessen des Therapeuten, wann er/sie sein „OK“ dazu gibt, der transsexuellen Person erste medizinische Maßnahmen zu gewähren. Erst dann kann die betroffene Person mit der Einnahme von Hormonen (bei transsexuellen Frauen i.d.R. Estradiol, bei transsexuellen Männern Testosteron) beginnen – sofern ein Termin bei einem entsprechenden Facharzt auch zur Verfügung steht.

Um operative Maßnahmen durchführen zu können werden von den Krankenkassen und dem MDK oft weitere Gutachten und Stellungnahmen von Psychiatern/Psychologen eingefordert. Nicht selten dauert die Transition (vom Coming-Out bis zum Abschluss der angleichenden Maßnahmen) viele Jahre. Eine Zeit, die für viele transsexuelle Menschen eine große Belastung darstellt – viele scheitern daran.